Führen in der Krise

In unserem Blog in den Kategorien

Von Thomas Schulte

Können Sie sich daran erinnern, was auf den Notfallschildern in Hotelzimmern oder in Flugzeugen ganz oben steht? „RUHE BEWAHREN“. Das macht Sinn, denn wenn plötzlich der Alarm ertönt, kann man leicht die Orientierung verlieren. Schlimmer noch: Bei Stress können Menschen nicht mehr klar denken. Nachdenken würde hier auch gar nichts bringen. Es gilt zu handeln.

Auch im Berufsleben gilt dieser Automatismus. Auslöser können zum Beispiel ein unerwarteter Umsatzrückgang oder eine sich anbahnende Wirtschaftskrise sein. Plötzlich ist jeder im Unternehmen geschockt und – dem Adrenalin sei gedankt – lässt die Reaktion nicht lange auf sich warten. Man „schlägt zurück“, friert beispielsweise alle Reisekostenbudgets ein, storniert sämtliche Weiterbildungsmaßnahmen und schickt Mitarbeiter in den Zwangsurlaub oder in Teilzeitarbeit.

Menschen reagieren so seit zehntausenden von Jahren. Das Problem: Die Panikreaktion muss nicht das sein, was unser Verstand uns raten würde – käme er nur zu Wort. Bringt es unterm Strich etwas, alle geplanten Geschäftsreisen zu stornieren, oder verliert die Firma nicht dadurch erst Recht Kunden? Ist es wirklich ratsam, die Weiterbildung zu stoppen, oder brauchen die Mitarbeiter nicht dringend die zu schulenden Fähigkeiten?

Bitte nicht vergessen: Diese Sparmaßnahmen sind nicht „kostenlos“. Mitarbeiter wie Kunden sind davon betroffen und können dem Unternehmen den Rücken kehren. Oft wird durch solche Panikreaktionen die anfängliche Untergangstimmung nur weiter genährt und am Leben gehalten.

Es ist zunächst einmal zu hinterfragen, ob tatsächlich eine Situation auf „Leben und Tod“ vorliegt. Daher legt man sich am besten für solche Fälle Zettel in die Schublade, oder – besser noch – hängt sie sich jederzeit sichtbar an die Tür: „Im Falle einer Krise: Ruhe bewahren“

Aber das reicht noch nicht aus. Im Unternehmen herrscht gerade Panik und die ist ansteckend. Die Gerüchteküche brodelt, neue Hiobsbotschaften werden in den Kaffeeküchen ausgetauscht und die Mitarbeiter überbieten sich in worst case Szenarien. Davon sind auch Sie betroffen, ob Sie wollen oder nicht.

Klare „brutalst mögliche“ Kommunikation

Ernest Shackleton stellte Anfang des 20ten Jahrhunderts eine neue Mannschaft für eine Antarktisexpeditionen zusammen. Dazu platzierte er folgende Anzeige: „Männer für eine gefährliche Expedition gesucht. Lausige Bezahlung, bittere Kälte und viele Stunden Dunkelheit. Überleben fraglich. Ehre und Ruhm im Falle der Rückkehr.“ Er hatte mehr als 5000 Bewerber für sein 20 Mann starkes Team.

Ehrlichkeit hat etwas ungemein Motivierendes. Wenn Ihr Unternehmen bedroht ist, versuchen Sie nicht die Dinge zu relativieren oder die Menschen zu beruhigen. Der Schuss geht nach hinten los. Sagen Sie was Sache ist. Geben Sie den Menschen ein tolles Ziel, für das sich der Einsatz lohnt.

Uneingeschränkte Unterstützung für alle

Diese Art der Kommunikation funktioniert am besten, wenn Sie die Menschen nicht allein lassen. Echte Krisen haben etwas Brutales an sich. Sie kommen unerwartet, aus einer unbekannten Rich-tung, in noch nie dagewesenem Ausmaß. Und daher kann man sich kaum auf sie vorbereiten. Sie werfen die Menschen in kaltes Wasser. Hier gilt es sich gegenseitig uneingeschränkt zu unterstützen. Nehmen auch Sie Unterstützung an. Das ist manchmal schwerer, als man glaubt.

Hilfe von Außen

Sie brauchen jemand, von außerhalb, der nicht dem Adrenalin ausgesetzt ist. Ein externer, unabhängiger Dritter kann die Organisation am schnellsten wieder aus dem Panikmodus holen. Das mag überraschend klingen: Das Unternehmen steckt in einer Krise und nun Geld für einen Coach ausgeben? Ja! Es ist die beste Möglichkeit, die Krise schnell und objektiv zu betrachten und sinnvolle und überdachte Gegenmaßnahmen zu initiieren. Das spart bares Geld. So haben Sie und Ihre Organisation die beste Chance, die Krise zu überstehen, sie vielleicht sogar zu nutzen, große Dinge zu tun, wie der Chef der Bafin Jochen Sanio einmal geraten hat.