Reinventing Organisations

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Von Thomas Schulte

Reinventing Organisations von Frederic Laloux zeigt auf, welches Potenzial in Unternehmen steckt. Dazu beschreibt der Autor fünf Entwicklungsstufen. Viele Praktiker dürften die höheren Stufen als märchenhafte Utopie empfinden, manche Berater diese hingegen als bahnbrechende Vision. Diese Diskrepanz macht den Charme des Buches aus. Nur wie bringt man beide Sichtweisen zusammen? Durch eine „kritische Würdigung“ (in dieser Reihenfolge). Fangen wir deshalb, ziemlich ungewohnt für einen Coach, mit der Kritik an (ausnahmsweise).

Beispielsweise hat der Autor 12 Unternehmen untersucht, um daraus seine Schlussfolgerungen zu ziehen. Diese Datenbasis reicht natürlich nicht aus, eine zuverlässige allgemeingültige Aussage zu treffen. Das gibt der Autor selbst zu.

Gewagt finde ich, zwei Organisationsformen, die offensichtlich zu den langlebigsten der Welt gehören, nämlich Kirchen und Armeen, auf der zweituntersten Entwicklungsstufe einzuordnen. Nur die Mafia und Street Gangs liegen darunter. Der Autor versucht zu relativieren, indem die Stufen nicht als „besser“ interpretiert werden sollten (sondern nur anders).

Missverstanden werden kann, dass das Prinzip des „Self-Management“ auf einer ganzen Reihe von Entscheidungen und Vorgaben basiert, zum Beispiel bei der Konfliktmoderation und Entscheidungsfindung – die vom Management kommen müssen. Self-Management funktioniert kaum ohne (sehr gutes) Management.

Dennoch: Das Buch garantiert den absoluten Wow-Faktor. Der Autor macht deutlich, dass jede Organisation ihren eigenen Weg gehen muss und dafür liefert dieses Buch eine Fülle an teils spektakulären und ungewöhnlichen Anregungen, die es zu einem „must read“ machen.

Zum Beispiel die Konsequenz, mit der das Management Vertrauen demonstriert, indem es Budgetierung, Investitionsrechnungen und Formalismen wie Urlaubsanträge und Stellenbeschreibungen abschafft und sie durch „Self“-Management, Ganzheitlichkeit und Sinn ersetzt. Nahezu alle unternehmensinternen Prozesse wie Vergütung, Leistungsbeurteilung, Kündigung oder die Einstellung von Mitarbeitern werden so quasi neu gedacht.

Oder die Sicht auf den Wettbewerb: Kein Feindbild, das es zu schlagen gilt, sondern etwas, das es gar nicht gibt! Unternehmen müssen sich hierfür allerdings ihres einzigartigen Sinns bewusst sein, ihn konsequent umsetzen und leben.

Ein solches Vorgehen benötigt Coaching auf allen Ebenen. Auch das macht der Autor klar. Seine Organisation neu aufzustellen, ist etwas Außergewöhnliches. Egos zu zügeln, Gewohnheiten zu hinterfragen, an sich zu glauben auch wenn andere zweifeln, Widerstände geduldig zu bearbeiten und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, ist eine Herausforderung der ganz besonderen Art.